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Literatur und Erinnerung
Von der Société d'études françaises eingeladen, spricht Jorge Semprun über das Kernthema seines Lebens und Schreibens: témoignage et fiction. Wie lässt sich - im Rahmen einer écriture du désastre (M. Blanchot) - die Erfahrung der Konzentrationslager erinnern und beschreiben, zu einem Zeitpunkt, wo es bald keine unmittelbare Zeugen mehr gibt? Semprun fordert begriffliche Genauigkeit, die der Singularität jener Vernichtungserfahrung (etwa der Selektion, von der nur Juden wissen, was sie bedeutet) entspricht. Alles andere wäre Banalisierung, zum Hohn der "wahren Zeugen" (Primo Levi), nämlich der Toten. Dass die Erinnerung unaussprechlich sei, verneint Semprun: gerade die Unaussprechlichkeit macht den Prozess des Erinnerns unabschliessbar (indicible - interminable). Im Prozess der Unabschliessbarkeit erfüllt Literatur ihre Funktion, sie erinnert daran, dass hinter Fakten und Akten Menschen und Erfahrungen standen.
Der Fiktion setzt Semprun nur da Grenzen, wo sie negationistischen Strömungen argumentativ zudienen könnte. Er führt Beispiele an (Wilkomirski, le Non de Klara usw), lobt und verurteilt. Zeugenschaft und Fiktion, Suizid, Sprache und die literarische Hoffnung des Unabschliessbaren.
Ich kann das nicht richtig beschreiben. Ich habe eine Stunde einer Stimme und einem Leben zugehört, eine Stunde, die dann aufgerissen wird von Menschen, die aus dem grossen Hörsaal strömen, sich gegenseitig im Wege stehen und nach Saftgläsern greifen und unbedingt in ihren mitgebrachten Büchern einen Namen, einen Schriftzug haben müssen.
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