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Rasterungen
Der Komponist Daniel Weissberg veröffentlicht in der September-Dissonanz ein Manifest gegen die Skalierung künstlerischer Werte: «Zwischen Null und Eins. Die Entdifferenzierung der Welt in diskreten Schritten.»
Weissberg wendet sich - kurz formuliert - gegen das Prinzip der einheitlichen Währung. Wer sich eine Ausbildung erwirbt, soll sich, dahin gehen die heutigen Hochschulreformen, einen klar definierten Tauschwert miterwerben (etwa innerhalb des European Credit Transfer System). Es ist nur naheliegend, einheitliche Bewertungsraster auch auf künstlerische Qualität zu übertragen (Weissberg spricht aus der Perspektive des Musikhochschullehrers).
«Wenn der Wert von Bildung auf dessen Tauschwert reduziert wird, wenn Kunst nur noch als Wirtschaftsfaktor ihre Berechtigung hat, dass wird in letzter Konsequenz das Tauschpotential – konkret der Besitz von Geld – zum Selbstzweck.» Geld «lässt sich in alles verwandeln». Ein ähnlich totales Umwandlungspotential sieht Weissberg in der symbolischen Maschinenmaschine des Computers. Auch hier jedoch lauert ein gefährliches Raster: es legt nahe, dass sich die Welt mithilfe zweier Symbole, der Eins und der Null, restlos beschreiben lässt. Abgesehen davon, dass der Computer schon simple arithmetische Operationen zwar mit beliebiger Genauigkeit, aber eben nicht „restlos“ durchzuführen vermag, würde dieses Raster auch noch die Funktionsweise des menschlichen Gehirns zu erklären sich anmassen.
«Wird Wirklichkeit mit Hilfe von Rastern abgebildet, wird sie vergröbert.» Das ist die Grundaussage. Diese Vergröberung (oder Ungenauigkeit) zeigt sich im Bereich der Physik, Mathematik oder Computertechnologie durchaus als akzeptabel: «In der gleichen Zeit, in der die Mathematik die Vernachlässigung von Ungenauigkeit für sich fruchtbar macht, entwickelt sich in der Musik ein gegensätzlicher Weg des Umgangs damit.» (Weissberg bezieht sich vor allem auf die Geschichte der Notation).
Mir gefallen die kleinen Nebenthesen, die im Verlauf des Textes auftauchen: «Die Notenschrift entwickelt sich nach der Einführung der Null von einer ganzheitlichen Beschreibung von Rhythmen hin zu einer Beschreibung von Rhythmen als Unterteilung eines Ganzen». Diskussionswürdig!
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