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double refrain
Am Beispiel von Jacques Wildbergers «Double Refrain» (1972) nachgedacht, wie politische Musik der siebziger Jahre noch rezipiert werden kann. Bezüge auf Aktuelles (Vietnam, 68, Adornos Auschwitz-Wort) sind zerrissen. Und doch «funktioniert» diese Musik, freilich aufgrund eines unintendierten Ästhetizismus, der sich in der Brillanz und Folgerichtigkeit der Dokumentzusammenstellung zeigt. Ein feingestrickter kammermusikalischer Satz (Flöte, Englischhorn und Gitarre) wird durch die Zuspielung zweier Tonbänder (der beiden Refrains) peinvoll erwürgt. Der «Zustand sprachlicher Intaktheit» wandelt sich zu «hilflosem Gestikulieren». Dem weissen Rauschen des Schlusses wird – in tiefster Verbitterung – das Hegel-Zitat vom Staat als der «Wirklichkeit der sittlichen Idee» nachgeworfen. Dieses «musikalische Opfer» kann selbst nur in begrifflicher Arbeit vollzogen werden. In der Engführung amerikanischer Offiziersaussagen («Ich stelle immer das amerikanische Volk über mein Gewissen») mit dem Buch Samuel 1.15 stockt noch heute der Atem. Das biblische «Schone ihrer nicht...» zeigt sich auch nicht differenzierter als das «Alles killen» des amerikanischen My Lai-Rauschs.
Selbstverständlich ist das von einem plakativ-didaktischen Impuls, der auch noch die hinterste Reihe erreichen will. Dass ein Komponist die Zerstörung seiner eigenen Musiksprache vorführt, um sich gegen die Unterordnung des Individuums unter eine Hegelsche «Idee» aufzulehnen, imponiert deshalb nicht weniger.
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